Granatapfel

Granatapfel

Der Granatapfel (Punica granatum) ist eine Pflanzenart, die der Familie der Weiderichgewächse (Lythraceae) zugerechnet wird. Die aus zwei Arten bestehende Gattung Punica bildet alleine die Unterfamilie Punicoideae (Horan.) S.A.Graham, Thorne & Reveal, manche Autoren führen sie auch noch als eigene monotypische Familie Punicaceae Horan. Ihre Frucht wird in der Küche verwendet. Das Verbreitungsgebiet des Granatapfels liegt in West- bis Mittelasien; heute wird er unter anderem im Mittelmeerraum angebaut. Ursprünglich stammt der Granatapfel jedoch aus dem Gebiet des heutigen Irans, Armeniens und Nordindiens.

Der Gattungsname Punica leitet sich von lateinisch punic(e)us, „punisch“ ab und geht auf die römische Bezeichnung für die Phönizier zurück. Der deutsche Trivialname Granatapfel (mittelhochdeutsch auch Margramapfel)[1] und der lateinische Artname granatum (über granatus von lateinisch granum, „Korn“, „Kern“, „Samen“) wurde wegen der zahlreichen in den Früchten enthaltenen Samenkörner (mittelhochdeutsch margramkern, „Granatapfelkerne“[2]) geprägt.[3]

Kulturgeschichte

Kulturgeschichte
Granatapfelbaum aus dem Jahr 1653 in den Herrenhäuser Gärten

Die archäologischen Überlieferungsbedingungen für Granatäpfel sind schlecht, da die Frucht meist frisch verzehrt wird und die wasserreiche Schale beim Erhitzen explosionsartig zerbirst. Versuche zeigten, dass lediglich alte Granatäpfel mit relativ ausgetrockneter Schale die Chance haben, zu verkohlen und so überliefert zu werden. Ein verkohlter Granatapfel wurde in den frühbronzezeitlichen Schichten des Tel es-Sa'idiyeh in Jordanien gefunden.[17] Auf Zypern und in Ägypten wurden in der späten Bronzezeit farbige Glasgefäße in Form eines Granatapfels hergestellt.[18] Das bei Kaş in der Türkei gefundene Schiff von Uluburun enthielt zyprische Vorratskrüge mit über 1000 Granatapfelsamen.[19]

Granatäpfel wurden als Grabbeigabe in einer Grabkammer eines hohen ägyptischen Beamten aus der Zeit von Ramses IV. gefunden. Im jordanischen Tell Deir ʿAllā im Jordantal[20] wurden Granatäpfel in eisenzeitlichen Schichten geborgen. Im Opferschacht (Favissa) eines eisenzeitlichen Tempels bei ʾEn Hazeva in Edom fanden sich Steinanhänger in Granatapfelform.[21] In der Abiʾor Höhle bei Jericho, die den Rebellen des Bar-Kochba-Aufstandes im Herbst 135 n. Chr. als Unterschlupf diente, wurde unter anderem ein Stück Granatapfelrinde gefunden,[22] ein ähnlicher Fund stammt aus der Cave of the Spear in der Nähe von ʾEn Gedi in Israel.[23] In Deutschland ist der Granatapfel etwa im mittelalterlichen Konstanz archäologisch nachgewiesen.[24]

Inhaltsstoffe

Inhaltsstoffe
Der Granatapfel sowie die nicht essbaren Blüten und Blätter enthalten größere Mengen bioaktiver Substanzen, insbesondere Polyphenole, Flavonoide, Anthocyane und Gallotannine.[26][27] Dabei ist der Anteil der Antioxidantien in der Schale am höchsten.

Nährwerte der frischen Frucht
Reife Granatäpfel am Baum

Der frische Granatapfel ist von etwa Juni bis Dezember im deutschsprachigen Raum erhältlich. In den ersten Monaten stammt er meist aus Marokko, Israel oder Tunesien, ab Oktober aus Spanien und Italien. Nachfolgend die Energiegehalte und Hauptbestandteile in 100 g essbarem Anteil:

316 kJ (74 kcal)
79,1 g Wasser
0,7 g Eiweiß
0,6 g Fett
16,1 g Kohlenhydrate
2,2 g Ballaststoffe

Der im Granatapfel enthaltene Zucker teilt sich auf in 7,9 g Fructose und 7,2 g Glucose.[31]

Medizinische Bedeutung

Historisch wurden Granatäpfel und Granatapfelblüten[32] zur Behandlung verschiedener Krankheiten genutzt, beispielsweise zur Behandlung von Durchfall und Geschwüren.[27] Die Wurzel, die Rinde und die gekochte Schale wurden bis ins Mittelalter als Anthelminthikum gegen Bandwürmer eingesetzt. Die gegen Bandwürmer aktiven Wirkstoffe sind die Alkaloide wie Pelletierin.[33][34] In der Unani-Medizin werden Granatäpfel zur Behandlung von Diabetes mellitus verwendet.

Da nicht nur die Frucht selbst, sondern auch andere Teile des Baumes reich an sekundären Pflanzenstoffen mit möglicher therapeutischer Bedeutung sind, ist die Pflanze in den letzten Jahrzehnten auch in den Fokus wissenschaftlichen Interesses gerückt. So untersuchten zahlreiche Studien eine mögliche positive Wirkung des Granatapfelsaftes bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen[35] und Arthritis.[36]

Eine Metaanalyse von acht randomisierten placebokontrollierten Studien (RCT) zeigte, dass der Konsum von Granatapfelsaft den systolischen und diastolischen Blutdruck senkt.[37] In einer doppelblinden, placebokontrollierten Studie an 45 Patienten mit koronarer Herzkrankheit erhöhte die tägliche Gabe von 240 ml des Saftes des Granatapfels die Herzmuskeldurchblutung signifikant.[38] Positive Effekte zeichneten sich auch bei einer Studie mit Patienten mit verengter Halsschlagader ab: Nach einem Jahr Granatapfelverzehr verminderten sich die Ablagerungen an der Halsschlagader um 35 %, während sie in der Kontrollgruppe deutlich zunahmen.[35]

Mögliche entzündungshemmende Effekte von Granatapfelsaft wurden in einer Metaanalyse von fünf RCTs untersucht.[39] Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass Granatapfelsaft keinen Einfluss auf die Senkung des CRP-Spiegels im Blut hat, unabhängig davon, wie lange Granatapfelsaft konsumiert wurde. Auch ein vorgeschlagener Effekt auf das Lipidprofil im Blut (z. B. Cholesterinlevel oder HDL-C) konnte durch die Auswertung bei zwölf RCTs nicht gezeigt werden.[40]

Der Granatapfel verfügt, selbst im Vergleich zu Rotwein und Blaubeeren, über besonders viele Polyphenole,[41] die möglicherweise für positive gesundheitliche Effekte verantwortlich sein könnten. Bei Granatapfelprodukten gibt es beträchtliche Unterschiede bezüglich Qualität und Gehalt an wirksamen Polyphenolen.[42] In einer In-vitro-Studie wurde festgestellt, dass Granatapfelsaft die Bildung von körpereigenen Östrogenen hemmte und bei östrogenrezeptor-positiven Brustkrebszellen zu einer Wachstumshemmung von 80 Prozent führte, ohne das Wachstum der gesunden Zellen zu beeinträchtigen. Fermentierter Granatapfelsaft war dabei doppelt so wirksam wie frischer Saft.[43] Auch auf Leukämiezellen wirken die Polyphenole aus fermentiertem Granatapfelsaft: Die Zellen bilden sich entweder zu gesunden Zellen zurück (Redifferenzierung) oder werden in den programmierten Zelltod (Apoptose) getrieben. Außerdem verhindern die Polyphenole, dass sich neue Blutgefäße bilden (Neoangiogenese) – das erschwert die Ausbreitung des Tumors.[44]

Die präventive bzw. auch therapeutische Wirkung des Granatapfelsaftes auf Prostatakrebs ist Gegenstand intensiver Forschung; es wurden zahlreiche diesbezügliche Studien durchgeführt. 2016 wurden in einer Metaanalyse zahlreiche Studien ausgewertet, die die Gabe verschiedener Extrakte und Pflanzenstoffe (z. B. Lycopin, Isoflavone oder Granatapfelsaft) bei Prostatakrebspatienten untersucht hatten.[45] Als zentraler Marker für einen möglichen Therapieerfolg wurde dabei der PSA-Wert (prostataspezifisches Antigen) ausgewertet. Von mehreren Studien wurden nach Anwendung der Auswertungskriterien fünf für die Metaanalyse zugelassen, darunter zwei Placebo-kontrollierte Studien. Die Autoren kamen zum Ergebnis, dass – obwohl diese fünf ausgewerteten Studien von guter Qualität seien – die Fallzahlen überwiegend gering und die Untersuchungszeiträume kurz waren. Das Problem ist allgemein, dass bis ins Jahr 2016 keine hochwertigen Studien zu der Thematik publiziert wurden. Insgesamt sind die gegebenen Pflanzenstoffe zwar gut verträglich und sicher. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass diese die PSA-Dynamik beeinflussen können. Jedoch ist die Datenlage zu begrenzt, um Aussagen über eine mögliche Therapieform (als Ergänzung oder als Ersatz für die klassische Therapieform) zu treffen. Eine Dauereinnahme von Granatapfel-Nahrungsergänzungsmitteln zum Schutz vor Prostatakrebs wird nicht empfohlen, insbesondere wenn sie in hoher Dosierung erfolgt.[46]

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Granatapfel